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Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag. Denn wie immer gilt auch heute wieder: "Es ist durchaus möglich, sowohl rational zu sein als auch falsch zu liegen." Unser Werkzeug eines Chief Behavioral Officers heute:
Der Halo & Horns Effekt
Ich erinnere mich noch gut an Sarahs erste Präsentation im Teammeeting. Sie stand da, selbstbewusst und eloquent, und erklärte die Projektziele so klar, dass selbst der CEO beeindruckt war. Ihr Lächeln war ansteckend, ihre Energie elektrisierend. "Sie ist ein Naturtalent," dachte ich und konnte es kaum erwarten, sie in mein nächstes großes Projekt einzubinden. Ich sah bereits vor mir, wie wir gemeinsam die Herausforderungen meistern und am Ende triumphieren würden.
Als die Deadline für das Projekt näher rückte, konnte ich meine Vorfreude kaum noch zügeln. Ich öffnete gespannt ihre E-Mail, klickte auf den Anhang und lud die Dateien herunter, sicher, dass sie brillant sein würden. Doch als ich die Dokumente durchging, stockte mir der Atem. Rechtschreibfehler, falsche Daten, unvollständige Analysen – es war ein Desaster. Ich konnte es nicht fassen. Wie konnte jemand, der so beeindruckend präsentiert hatte, solche Fehler machen?
Ich saß da, starrte auf den Bildschirm und fühlte, wie die Enttäuschung in mir aufstieg. In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr ich dem Halo-Effekt erlegen war. Ich hatte Sarahs erste glänzende Leistung als Indikator für all ihre Fähigkeiten genommen. Und jetzt saß ich hier, mit einem Berg an Korrekturen, einem angeschlagenen Projekt und einem Team, das auf meine Führung angewiesen war.
Ich schloss die Dateien und lehnte mich zurück. Es war Zeit für eine ehrliche Selbstreflexion. Ich hatte Sarah auf ein Podest gestellt, ohne ihre Fähigkeiten in anderen Bereichen wirklich zu kennen. Der Halo-Effekt hatte meine Urteilsfähigkeit getrübt und mich in eine Falle gelockt, aus der ich nun einen Ausweg finden musste.
Das war eine harte Lektion, aber eine, die ich nie vergessen werde. Von nun an wusste ich, dass ich meine Einschätzungen überdenken und vorsichtiger sein musste, bevor ich jemanden in ein wichtiges Projekt einbinde. Denn wie ich auf schmerzhafte Weise gelernt hatte, kann der erste Eindruck täuschen, und der Halo-Effekt ist ein trügerischer Berater.
Wie funktioniert das? Science, baby!
Die Geschichte, die ich gerade erzählt habe, ist ein klassisches Beispiel für den Halo- und Horns-Effekt, zwei kognitive Verzerrungen, die unser Urteilsvermögen beeinflussen können. Der Halo-Effekt tritt auf, wenn eine positive Eigenschaft einer Person unser Urteil über ihre anderen Eigenschaften unverhältnismäßig positiv färbt. Im Gegensatz dazu steht der Horns-Effekt, bei dem eine negative Eigenschaft unser Urteil über die anderen Eigenschaften der Person negativ beeinflusst. Beide Effekte können in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, von der Arbeitswelt bis zu persönlichen Beziehungen, und sie können erhebliche Auswirkungen auf Entscheidungsprozesse und Teamdynamiken haben. Es ist wichtig, sich dieser Verzerrungen bewusst zu sein und aktiv dagegen anzugehen, um fundiertere, objektivere Entscheidungen treffen zu können.
Die Psychologie hinter dem Halo- und Horns-Effekt basiert auf der menschlichen Neigung zur Vereinfachung komplexer Informationen. Unser Gehirn verwendet Heuristiken oder "Daumenregeln", um schnell Urteile und Entscheidungen zu treffen. Im Fall des Halo-Effekts führt eine positive Eigenschaft dazu, dass wir eine Person insgesamt positiv bewerten, ohne weitere Informationen zu berücksichtigen. Beim Horns-Effekt passiert das Gegenteil: Eine negative Eigenschaft färbt unser gesamtes Urteil über eine Person. Beide Effekte können unser Urteilsvermögen verzerren und zu voreiligen oder ungenauen Schlussfolgerungen führen.
Warum das wichtig ist?
Stellen Sie sich vor, Sie sind Alex, der Teamleiter einer Marketingabteilung. Sie haben immer auf die kreativen Ideen von Tim, einem Ihrer Teammitglieder, geschworen. Tim hat in der Vergangenheit einige wirklich innovative Kampagnen entwickelt, die große Erfolge für das Unternehmen gebracht haben. Deshalb vertrauen Sie ihm blind, wenn es um die Auswahl der nächsten großen Marketingstrategie geht.
Sie geben Tim die Freiheit, eine neue Kampagne von Grund auf zu entwickeln, ohne viel Aufsicht oder Kontrolle. Schließlich hat er ja in der Vergangenheit bewiesen, dass er ein Genie ist, oder? Die Kampagne wird gestartet, und die ersten Ergebnisse sind enttäuschend. Die Conversion-Raten sind niedrig, und die Kundenbindung sinkt.
Sie sind schockiert und können nicht glauben, dass Tim einen Fehltritt gemacht hat. Der Halo-Effekt, den Tims vorherige Erfolge erzeugt haben, hat Sie daran gehindert, seine aktuelle Arbeit objektiv zu bewerten. Jetzt müssen Sie nicht nur eine fehlgeschlagene Kampagne korrigieren, sondern auch das Vertrauen des Teams wiederherstellen, das durch diese Erfahrung erschüttert wurde.
Diese Geschichte zeigt, wie der Halo-Effekt unsere Urteilsfähigkeit trüben und zu schlechten Entscheidungen führen kann, selbst wenn wir denken, dass wir auf der sicheren Seite sind. Es ist wichtig, sich dieser kognitiven Verzerrungen bewusst zu sein und aktiv dagegen anzugehen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Und jetzt?
Jetzt, da Sie den Halo & Horns Effekt und seine potenziellen Auswirkungen auf Ihre Entscheidungsfindung kennen, können Sie proaktiv Maßnahmen ergreifen. Beginnen Sie damit, Ihre eigenen Vorurteile zu hinterfragen. Wenn Sie heute in einer Team-Besprechung sind, achten Sie darauf, wie Sie die Beiträge jedes Einzelnen bewerten. Lassen Sie sich nicht nur von früheren Erfolgen oder Fehlern leiten.
Falls Sie heute die Leistung eines Teammitglieds beurteilen müssen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um Ihre Gedanken zu ordnen. Versuchen Sie, jede Leistung isoliert zu betrachten, anstatt sie durch die Linse vergangener Erfahrungen zu sehen.
Und wenn Sie heute Abend Ihren Tag reflektieren, denken Sie an die Momente, in denen der Halo & Horns Effekt Ihre Meinung möglicherweise beeinflusst hat. Notieren Sie sich diese, um in Zukunft bewusster zu werden.
Durch das Bewusstsein und die aktive Auseinandersetzung mit dem Halo & Horns Effekt können Sie bessere, fairere Entscheidungen treffen und ein inklusiveres Arbeitsumfeld schaffen.
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Unterm Strich
Der Halo & Horns Effekt ist die kognitive Verzerrung, bei der eine positive oder negative Eigenschaft einer Person unsere Wahrnehmung ihrer gesamten Persönlichkeit oder Leistung unverhältnismäßig beeinflusst.
Checkliste: Umgang mit dem Halo & Horns Effekt bei Entscheidungen
1. Erste Eindrücke hinterfragen: Frage dich, ob deine erste Einschätzung einer Person oder Situation auf einer einzigen Eigenschaft basiert. Ist das der Fall, nimm dir einen Moment Zeit, um weitere Informationen zu sammeln.
2. Mehrere Perspektiven einholen: Bevor du eine Entscheidung triffst, hole dir Meinungen von anderen Personen, die unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen haben könnten.
3. Bewusste Pausen einlegen: Gib dir selbst Zeit, um deine Gedanken zu ordnen und emotionale Reaktionen abklingen zu lassen, bevor du eine Entscheidung triffst.
4. Fakten überprüfen: Stelle sicher, dass deine Entscheidung auf einer ausgewogenen Betrachtung aller relevanten Fakten und nicht nur auf einer positiven oder negativen Eigenschaft basiert.
5. Selbstreflexion: Frage dich, ob du in ähnlichen Situationen schon einmal voreingenommen warst und wie das die Ergebnisse beeinflusst hat.
6. Konsequenzen abwägen: Überlege, welche langfristigen Auswirkungen deine Entscheidung haben könnte, insbesondere wenn sie auf dem Halo oder Horns Effekt basiert.
7. Entscheidung überdenken: Nachdem du eine Entscheidung getroffen hast, überprüfe sie nach einer gewissen Zeit erneut, um sicherzustellen, dass sie immer noch gültig und gerechtfertigt ist.
8. Lernen und Anpassen: Nutze die Erfahrung, um in Zukunft bewusster mit dem Halo & Horns Effekt umzugehen.
Diese Checkliste soll dir helfen, den Halo & Horns Effekt in deinem Entscheidungsprozess zu berücksichtigen und so fundiertere und ausgewogenere Entscheidungen zu treffen.
Chief Behavioral Officer gesucht
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