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Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag. Denn wie immer gilt auch heute wieder: "Es ist durchaus möglich, sowohl rational zu sein als auch falsch zu liegen." Unser Werkzeug eines Chief Behavioral Officers heute:
Der fundamentale Attributionsfehler
Ich saß an meinem Lieblingstisch im Café, genoss meinen Kaffee und blätterte durch ein Buch. Plötzlich hörte ich eine laute Stimme. Ich schaute auf und sah einen Mann, der seine Kellnerin ziemlich harsch kritisierte. "Der Kaffee ist kalt! Kannst du nichts richtig machen?", schimpfte er. In diesem Moment dachte ich: "Wow, was für ein unhöflicher und respektloser Mensch."
Ein paar Stunden später traf ich zufällig einen gemeinsamen Bekannten, der mir erzählte, dass der Mann gerade erfahren hatte, dass seine Mutter ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Mir wurde plötzlich klar, wie schnell ich ihn beurteilt hatte, ohne den Kontext zu kennen. Ich hatte den fundamentalen Attributionsfehler begangen, indem ich seine Handlungen auf seinen Charakter zurückführte, anstatt äußere Umstände in Betracht zu ziehen. Es war eine Lektion, die ich so schnell nicht vergessen werde.
Nachdem ich also von dem gemeinsamen Bekannten erfahren hatte, was wirklich los war, fühlte ich mich beschämt über mein vorschnelles Urteil. Ich konnte nicht glauben, wie schnell ich den Mann in eine Schublade gesteckt hatte, ohne die ganze Geschichte zu kennen.
Ein paar Tage später ging ich wieder in dasselbe Café und sah den Mann erneut. Diesmal war er ruhig und lächelte sogar die Kellnerin an, als er seinen Kaffee bekam. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich ihm zu nähern und ein kurzes Gespräch zu führen. Ich entschuldigte mich nicht direkt für meine Gedanken, da er ja nichts davon wusste, aber ich fragte, wie es ihm ginge und wie es seiner Mutter erging. Er schien überrascht, dass ein Fremder sich für sein Wohl interessierte, aber eröffnete sich und teilte mit, dass es seiner Mutter besser ginge.
Dieses Gespräch war für mich ein echter Augenöffner. Es zeigte mir, wie wichtig es ist, nicht voreilig Schlüsse zu ziehen und Menschen die Chance zu geben, sich zu erklären oder in einem anderen Licht gesehen zu werden. Ich erkannte, dass der fundamentale Attributionsfehler nicht nur meine Sicht auf andere beeinflusst, sondern auch, wie ich mit ihnen interagiere. Diese Erfahrung hat mich dazu gebracht, bewusster und vorsichtiger in meinen Beurteilungen zu sein, und ich bin dankbar für die Lektion, die ich gelernt habe.
So wurde aus einer alltäglichen Begegnung in einem Café eine starke Erfahrung für mich, die meine Sichtweise auf menschliches Verhalten und die Fallen der voreiligen Urteilsbildung grundlegend verändert hat.
Wie funktioniert das? Science, baby!
Die Geschichte, die ich gerade erzählt habe, ist ein klassisches Beispiel für den "fundamentalen Attributionsfehler", eine kognitive Verzerrung, die dazu führt, dass wir das Verhalten von Menschen überwiegend auf ihre Persönlichkeit und nicht auf die Situation zurückführen. In der Psychologie wird dieses Phänomen ausführlich erforscht, da es weitreichende Auswirkungen auf soziale Interaktionen und Urteilsbildung haben kann. Der Fehler tritt auf, weil unser Gehirn dazu neigt, schnelle und einfache Erklärungen für komplexe Verhaltensweisen zu finden. Dies kann zu Missverständnissen und ungerechten Beurteilungen führen, die sowohl persönliche als auch berufliche Beziehungen negativ beeinflussen können.
Der fundamentale Attributionsfehler ist eine kognitive Verzerrung, bei der Menschen dazu neigen, das Verhalten anderer überwiegend auf deren Persönlichkeitseigenschaften zurückzuführen, anstatt situative Faktoren zu berücksichtigen. Diese Verzerrung tritt auf, weil unser Gehirn dazu neigt, schnelle und einfache Erklärungen für komplexe Verhaltensweisen zu suchen, was oft zu fehlerhaften oder unfairen Beurteilungen führt.
Warum das wichtig ist?
Stellen Sie sich vor, Sie sind Teamleiter in einem Unternehmen und haben einen neuen Mitarbeiter, Tom, der in der ersten Woche mehrere Deadlines verpasst hat. Ihr erster Gedanke ist: "Tom ist unzuverlässig und nicht für diese Position geeignet." Sie überlegen bereits, ihn zu ersetzen.
Dann nehmen Sie sich einen Moment Zeit und erinnern sich an den fundamentalen Attributionsfehler. Sie entscheiden, die Situation genauer zu untersuchen und sprechen mit Tom. Dabei erfahren Sie, dass er in der ersten Woche mit einer unerwarteten familiären Notlage zu kämpfen hatte.
Diese Erkenntnis ändert Ihre Perspektive komplett. Statt Tom als unzuverlässig abzustempeln, erkennen Sie, dass äußere Umstände seine Leistung beeinflusst haben. Sie geben ihm eine zweite Chance, und er entwickelt sich zu einem der besten Mitarbeiter im Team.
Das Bewusstsein für den fundamentalen Attributionsfehler hat Ihnen geholfen, eine voreilige und möglicherweise schädliche Entscheidung zu vermeiden. Es hat nicht nur Toms Karriere gerettet, sondern auch das Potenzial Ihres Teams erhöht. Deshalb ist es so wichtig, sich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen: Es hilft uns, fairere und informiertere Entscheidungen zu treffen, sowohl im Berufsleben als auch im persönlichen Umfeld.
Und jetzt?
Jetzt, da Sie den fundamentalen Attributionsfehler und seine potenziellen Auswirkungen auf Ihre Urteilsbildung kennen, können Sie proaktiv Maßnahmen ergreifen. Wenn Sie heute in einer Besprechung sind und jemand einen Fehler macht, halten Sie inne, bevor Sie vorschnelle Schlüsse ziehen. Fragen Sie sich, ob externe Faktoren eine Rolle gespielt haben könnten.
Falls Sie heute die Leistung eines Kollegen oder Mitarbeiters beurteilen müssen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um die gesamte Situation zu betrachten. Gibt es äußere Umstände, die berücksichtigt werden sollten?
Und schließlich, wenn Sie heute Abend Ihren Tag reflektieren, denken Sie an die Momente, in denen der fundamentale Attributionsfehler Ihre Meinung möglicherweise beeinflusst hat. Notieren Sie sich diese, um in Zukunft bewusster und fairer zu urteilen.
Durch das Bewusstsein und die aktive Auseinandersetzung mit dem fundamentalen Attributionsfehler können Sie bessere, fairere Entscheidungen treffen und ein inklusiveres Umfeld schaffen.
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Unterm Strich
Der fundamentale Attributionsfehler ist die Tendenz, das Verhalten anderer Menschen hauptsächlich auf ihre persönlichen Eigenschaften zurückzuführen, während externe Faktoren und Umstände vernachlässigt werden.
Checkliste: Umgang mit dem "Fundamentalen Attributionsfehler" bei Entscheidungen
1. Situation Bewerten: Bevor du eine Person aufgrund ihres Verhaltens beurteilst, halte inne und überlege, welche externen Faktoren eine Rolle spielen könnten.
2. Selbstreflexion: Frage dich, ob du in einer ähnlichen Situation anders gehandelt hättest und warum.
3. Mehrere Perspektiven Einholen: Konsultiere andere Menschen, um eine ausgewogenere Sichtweise zu erhalten.
4. Kontext Berücksichtigen: Überlege, ob das Verhalten in einem bestimmten Kontext vielleicht sinnvoll ist, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint.
5. Verallgemeinerungen Vermeiden: Versuche nicht, das gesamte Wesen einer Person aufgrund einer einzelnen Handlung oder Eigenschaft zu beurteilen.
6. Empathie Üben: Versetze dich in die Lage der anderen Person und überlege, welche Herausforderungen sie möglicherweise hat.
7. Entscheidung Überdenken: Nachdem du eine Einschätzung oder Entscheidung getroffen hast, überprüfe sie im Licht neuer Informationen und passe sie gegebenenfalls an.
8. Lernen und Anpassen: Nutze jede Gelegenheit, bei der du den fundamentalen Attributionsfehler bemerkst, als Lernmoment für zukünftige Entscheidungen.
Diese Checkliste soll dir helfen, den fundamentalen Attributionsfehler in deinem Entscheidungsprozess zu berücksichtigen und so fundiertere und ausgewogenere Entscheidungen zu treffen.
Chief Behavioral Officer gesucht
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