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Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag. Denn wie immer gilt auch heute wieder: "Es ist durchaus möglich, sowohl rational als auch falsch zu sein."
Olympischer Erfolg und der Self-Serving Bias
Als ich die letzten Olympischen Spiele verfolgte, konnte ich nicht umhin, die Interviews mit den Athleten genau zu beobachten. Eine Sache fiel mir dabei besonders auf: Wenn sie gewannen, sprachen sie oft von harter Arbeit und ihrem einzigartigen Talent. Doch wenn sie verloren, waren äußere Umstände schuld – der Wind, die Bahn, die Schiedsrichter. Dieser Unterschied in der Selbstwahrnehmung und den Erklärungen für Erfolg und Misserfolg ist ein Paradebeispiel für den Self-Serving Bias.
Ich erinnere mich besonders an ein Interview mit einer Spielerin eines Hockeyteams. Nach einem glänzenden Sieg lobte sie das Training und die Einstellung des Teams. Eine Woche später, nach einem enttäuschenden Spiel, klagte sie über das schlechte Wetter und eine angebliche Fehlentscheidung des Schiedsrichters. Es war, als ob zwei verschiedene Personen sprachen.
Diese Beobachtung ließ mich nicht los, also begann ich, mich tiefer in das Phänomen des Self-Serving Bias zu vertiefen. Ich wollte verstehen, warum wir Menschen dazu neigen, unsere Erfolge uns selbst zuzuschreiben und Misserfolge auf äußere Umstände abzuwälzen. Eine frühere Erinnerung an ein Schulprojekt kam mir in den Sinn, bei dem ich genau das gleiche Verhalten an den Tag gelegt hatte – Erfolg feierte ich als mein Verdienst, während ich bei Fehlern immer andere Faktoren verantwortlich machte.
Wie funktioniert das? Science, baby!
Der Self-Serving Bias ist ein kognitiver Verzerrungseffekt, bei dem Menschen Erfolge ihrer eigenen Fähigkeiten und Anstrengungen zuschreiben, während sie Misserfolge auf äußere, unkontrollierbare Faktoren schieben. Psychologen vermuten, dass dieser Bias als Schutzmechanismus des Selbstwertgefühls dient. Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass dieser Bias weit verbreitet ist und in verschiedenen Kontexten auftritt, von Schulnoten über Sportleistungen bis hin zu beruflichen Erfolgen und Misserfolgen.
Warum das wichtig ist
Der Self-Serving Bias beeinflusst nicht nur unser Selbstbild, sondern auch unsere Beziehungen und Entscheidungsfindung. Indem wir Misserfolge externalisieren, lernen wir weniger aus unseren Fehlern und verbessern uns langsamer. Das Verständnis dieses Bias hilft uns, eine realistischere Selbsteinschätzung zu entwickeln und offener für Feedback zu sein. Besonders im Sport kann dies bedeuten, dass Athleten, die ihren Self-Serving Bias erkennen und kontrollieren, besser auf Rückschläge reagieren und langfristig erfolgreicher sind.
Seit ich vor einigen Jahren zum ersten Mal von diesem Bias gehört habe, denke ich fast täglich an seine Auswirkungen. Schon das Bewusstsein über seine Existenz hilft mir dabei, eher die Möglichkeit zu akzeptieren, dass ich selbst zu einer negativen Situation beigetragen habe. So kann ich Verantwortung übernehmen und hoffentlich daraus lernen. Das ist der entscheidende Punkt. Ich möchte unbedingt vermeiden, die Schuld wegen dieses Effekts auf andere abzuschieben und dadurch nichts aus meinen Fehlern zu lernen. Das wäre eine echte Verschwendung.
Und jetzt?
Wie können wir den heutigen Tag mit dem Wissen um den Self-Serving Bias angehen? Versuche, bewusst auf deine Erklärungen für Erfolge und Misserfolge zu achten. Stelle dir folgende Fragen:
Welche Rolle habe ich selbst wirklich gespielt?
Welche äußeren Faktoren waren tatsächlich im Spiel?
Und was kann ich daraus lernen?
Diese Reflexion kann uns helfen, realistischer zu denken und konstruktiver mit Rückschlägen umzugehen. Überraschenderweise führt dies oft zu einem gestärkten Selbstbewusstsein und einer besseren Resilienz.
Unterm Strich
Erkenne deine eigene Rolle im Erfolg und im Misserfolg an. Der Self-Serving Bias kann unsere Selbstwahrnehmung verzerren und unser Wachstum behindern.
Checkliste für den Self-Serving Bias:
Analysiere deinen Erfolg: Welche meiner Fähigkeiten haben dazu beigetragen?
Überprüfe Misserfolge: Welche äußeren Faktoren waren tatsächlich verantwortlich?
Lerne aus Rückschlägen: Was kann ich beim nächsten Mal besser machen?
Hole dir Feedback ein: Wie sehen andere meine Leistung?
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