Warum wir trotz schlechter Chancen Lotto spielen: Die Macht der Erwartungstheorie
Warum Unternehmen besser wissen sollten, 'wie' man 'Lotto spielt'
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Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag. Denn wie immer gilt auch heute wieder: "Es ist durchaus möglich, sowohl rational als auch falsch zu sein."
Haben oder nicht haben. Das ist hier die Frage.
Es war ein gewöhnlicher Freitagabend, als ich beschloss, mein Glück herauszufordern. Die Lottoscheine lagen vor mir, verlockend mit der Aussicht auf einen lebensverändernden Gewinn. Die Chancen standen schlecht – das wusste ich. Aber dennoch konnte ich nicht widerstehen. Es war die Hoffnung, der Traum vom plötzlichen Reichtum, der mich antrieb, meinen Einsatz zu wagen.
Ich erinnere mich, wie mein Herz schneller schlug, als die Ziehung begann. Jede gezogene Zahl brachte eine Mischung aus Spannung und Enttäuschung. Am Ende hatte ich nichts gewonnen, wie erwartet. Aber die Möglichkeit, auch nur für einen Moment zu träumen, war es wert gewesen. Dieses Gefühl, dass man vielleicht doch der Eine unter Millionen sein könnte, ist eine kraftvolle Motivation.
In den Tagen danach fragte ich mich, warum ich trotz besserem Wissens immer wieder Lotto spielte. Es war nicht das erste Mal, dass ich dem Reiz des Spiels erlag, und ich war bei weitem nicht allein. Millionen Menschen auf der ganzen Welt tun es regelmäßig. Was steckt hinter dieser Faszination?
Die Antwort liegt in der Erwartungstheorie, die unser Entscheidungsverhalten erklärt. Sie beschreibt, wie Menschen zwischen sicheren und riskanten Optionen wählen, und warum sie manchmal scheinbar unvernünftige Entscheidungen treffen.
Wie funktioniert das? Science, baby!
Die Erwartungstheorie, entwickelt von Daniel Kahneman und Amos Tversky, besagt, dass Menschen Entscheidungen basierend auf dem erwarteten Nutzen treffen, der subjektiv wahrgenommen wird, und nicht unbedingt auf objektiven Wahrscheinlichkeiten. Beim Lottospiel überschätzen wir die geringe Wahrscheinlichkeit zu gewinnen und unterschätzen gleichzeitig die Bedeutung des kleinen Einsatzes, den wir verlieren könnten.
Menschen haben eine Tendenz, sich auf potenziell hohe Gewinne zu konzentrieren und dabei die niedrige Wahrscheinlichkeit des Gewinnens zu ignorieren. Dieses Phänomen wird durch die "Verfügbarkeitsheuristik" verstärkt – wir sehen häufig Gewinner in den Medien, was uns glauben lässt, dass Gewinnen häufiger vorkommt, als es tatsächlich der Fall ist.
Warum das wichtig ist
Die Erwartungstheorie zeigt uns, wie stark unsere Entscheidungen von subjektiven Wahrnehmungen beeinflusst werden. Sie erklärt, warum Menschen Risiken eingehen, selbst wenn die Chancen objektiv gesehen schlecht stehen. Es ist wichtig, sich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen, weil es uns hilft, unsere eigenen Verhaltensweisen besser zu verstehen und zu hinterfragen. Dies kann uns davor bewahren, regelmäßig Geld in unsinnige Hoffnungen zu investieren und bessere, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Die Faszination des Lottospiels ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie wir unsere Wahrnehmungen und Erwartungen managen müssen, um nicht in die Falle irrationaler Entscheidungen zu tappen. Es erinnert uns daran, dass unser Verhalten oft von psychologischen Mechanismen geleitet wird, die nicht immer logisch sind.
Unternehmenssicht: Für Unternehmen bietet das Verständnis der Erwartungstheorie wertvolle Einblicke in das Verbraucherverhalten. Indem Unternehmen wissen, dass Kunden oft irrational handeln und ihre Entscheidungsfindung auf subjektiven Wahrnehmungen basiert, können sie ihre Marketingstrategien gezielt anpassen. Zum Beispiel können Unternehmen durch die Betonung potenzieller Gewinne und die Schaffung von positiven, emotional aufgeladenen Szenarien das Interesse an ihren Produkten oder Dienstleistungen steigern.
Darüber hinaus können Unternehmen dieses Wissen nutzen, um ihre Angebote so zu gestalten, dass sie die psychologischen Trigger der Kunden ansprechen, wie etwa durch Lotterien, Gewinnspiele oder exklusive Angebote, die die Illusion hoher Gewinne vermitteln. Dies kann die Kundenbindung und den Umsatz signifikant erhöhen.
Unterm Strich
Das Phänomen der Erwartungstheorie: Wir überschätzen unwahrscheinliche Gewinne und unterschätzen wahrscheinliche Verluste, was unsere Entscheidungen oft irrational beeinflusst.
Checkliste für Unternehmen, um Chancen durch die Linse der Erwartungstheorie zu finden:
Kundenbindung durch emotionale Erlebnisse: Schaffe Erlebnisse, die starke positive Emotionen wecken, wie exklusive Events oder personalisierte Überraschungen.
Visualisierung potenzieller Gewinne: Nutze anschauliche und greifbare Beispiele, um die möglichen Vorteile eines Produkts oder einer Dienstleistung hervorzuheben.
Gamification von Angeboten: Integriere spielerische Elemente in deine Marketingstrategien, um das Engagement zu erhöhen und Kunden zu wiederholten Interaktionen zu motivieren.
Erzähle Erfolgsgeschichten: Teile authentische Geschichten von Nutzern, die durch dein Produkt oder deine Dienstleistung bedeutende Erfolge erzielt haben, um die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs greifbarer zu machen.
Nutzung sozialer Beweise: Betone die Anzahl der zufriedenen Kunden oder die Popularität eines Produkts, um das Vertrauen in die Entscheidung zu stärken.
Chief Behavioral Officer gesucht
Wo werden täglich Managemententscheidungen getroffen, die immer noch vom logisch handelnden Menschen ausgehen? Wo können Sie diese Woche selbst ein Chief Behavioral Officer sein?
Wir sehen uns kommenden Dienstag.
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