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Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag. Denn wie immer gilt auch heute wieder: "Es ist durchaus möglich, sowohl rational zu sein als auch falsch zu liegen."
Sunk Cost Fallacy
Es gab dieses Projekt, bei dem ich die Reißleine gezogen habe. Krisensitzung: wir müssen reden. Eigentlich lief alles wunderbar. Guter Austausch mit dem Kunden, das Produkt hat sich zusehends verfeinert. Gute Laune bei allen Beteiligten. Das einzige Problem: das (Zeit-)Budget war um das 10-fache überschritten.
Um was es geht
Die Sunk-Cost-Fallacy beschreibt das Phänomen, dass wir Vorhaben, in die wir bereits Geld, Zeit, Nerven, Beziehung o.ä. investiert haben, weiterverfolgen: auch wenn bereits absehbar ist, dass die Investition zu keinem Erfolg oder anderweitig positivem Abschluss führt.
Wichtig ist dabei die Klarheit über zwei Sachen.
„Versunkene Kosten“ begegnen uns immer wieder. Hinter dem Begriff stecken Investments, die man gemacht hat und einfach nicht zurückbekommt. Egal wie man weitermacht: das Geld (die Zeit, die Nerven) ist davon. Auf Nimmerwiedersehen!
Das namensverwandte Bias beschreibt, dass dieser Einsatz, der ja einfach weg ist, dennoch unsere aktuellen Entscheidungen mitprägt. Daher wird er auch „eskalierendes Commitment“, Entrapment oder Too-much-invested-to-quit-Syndrom genannt.
Wenn wir eine Entscheidung getroffen haben, bleiben wir bei ihr. Wir berechnen die bisherigen Aufwände mit ein, auch wenn sie praktisch irrelevant sind. Auch dann, wenn die Logik sagt „Umsteuern!“, investieren wir sogar noch mehr Geld. Das geflügelte Wort dazu ist „gutes Geld, schlechtem Hinterherwerfen“.
Ein Beispiel ist die Concorde. Stolz der französischen Luftfahrt. Und über 27 Jahre ein bekannter Minus-Posten, der immer und immer wieder mit staatlicher Hilfe gerettet wurde. Warum? Neben politischem Willen auch weil man doch schon so viel investiert hatte.
Logisch wäre es natürlich zum jeweils aktuellen Zeitpunkt zuerst zu vergessen, was war und was investiert wurde. Genau zu diesem Zeitpunkt:
Welche Handlungsoptionen haben wir? (Neben weiter so?)
Wie sind die erwartbaren Ergebnisse? (Und müssen wir die Erwartungen anpassen?)
Deep Dives: Time Magazine: mit dem Fokus auf Beziehungen | Asana: mit Fokus auf s Team | The Decision Lab: mit Fokus auf die Studien dahinter | Wikipedia: mit Erklärungen und Merkmalen
Erklärt wird das zum Beispiel mit unserer Verlustaversion (solange das Projekt läuft, ist das Geld ja nicht wirklich weg), die Misserfolgs-Vermeidung (man müsste ja eine Fehlentscheidung eingestehen), dem Hängen am Status-Quo (machen wir einfach weiter) oder selbstwert-dienlichen Attributionen (Selbstgemachtes ist doch mehr wert und wir hatten bei der Entscheidung dafür sicher recht).
Warum das wichtig ist
Der Sunken-Cost Fehlschluss ist wohl einer der häufigsten und bekanntesten Bias. Als CBO sind Sie sich darüber klar, dass „was bisher geschah“ die Zukunft behindern kann. Daher nutzen Sie folgende Tools:
Nehmen Sie es einfach mal mit… Bei Ihren Produkten können Sie ebenfalls mit den Sunken-Costs (und der Fallacy) arbeiten: Lassen Sie Ihre Kunden möglichst früh Zeit und Geld investieren. Denn hat man bereits Zeit- oder Geld investiert, lässt man das Projekt, die Dienstleistung oder das Produkt auch nicht mehr so schnell fallen. Bieten Sie einen Rücktausch an oder ermöglichen Sie eine Probezeit auch für Ihre Kunden. Bei guten Produkten bleibt man auch so dabei.
Wann sind wir fertig? Bei keinem Projekt oder Vorhaben, das Sie starten, darf es fehlen. Die „Defintion of Done“ beschreibt zu Projektbeginn, wann eine Aufgabe abgeschlossen ist. Sie kann ein Zielkriterium mit Indikatoren beinhalten (KPI, OKR, BSC, etc.), ein zeitliches oder finanzielles Budget haben, ein Kundenfeedback oder Datum.
Wichtig ist, dass Sie bei jedem Anfang auch ein Ende mitdenken. So können Sie die Investments vorab kalkulieren und gegebenenfalls auch ein Abbruchkriterium.Probezeiten: Prüfen Sie zu regelmäßigen Zeitpunkten Ihre Erwartungen und die Realität. Das gilt nicht nur für neue Mitarbeiter:innen.
Passt der Zeitplan noch? Ist das bisher intendierte Ergebnis eingetreten? Hat sich an den Rahmenbedingungen etwas getan?
Nehmen Sie sich zum Beispiel jedes Quartal Zeit, um aktuelle Projekte mit dem Team durchzugehen. Welche haben wir überhaupt? Welche laufen irgendwie schräg? Und vor allem: Welche sollten wir jetzt beerdigen?
Unterm Strich
Die Zeit bis zu dem Moment im Projekt war natürlich versenkt. Oder besser: dem Kunden geschenkt und für uns eine Lehre. Seither arbeiten wir mit Change-Requests. Also transparenter Aufwandsschätzung und klarer Auftragsfreigabe für die großen Sonderwünsche.
Chief Behavioral Officer gesucht
Wo werden täglich Managemententscheidungen getroffen, die immer noch vom logisch handelnden Menschen ausgehen? Wo können Sie diese Woche selbst ein Chief Behavioral Officer sein?
Wir sehen uns kommenden Dienstag.
Wenn Sie uns Tipps oder Feedback senden möchten, dann schicken Sie uns eine E-Mail an redaktion@cbo.news. Vielen Dank.